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Ein Leben für den Verein – In Erinnerung an Günter Martin

Es gibt im Internet eine Menge Definitionen zum Begriff Verein. Auch die KI könnte binnen weniger Sekunden eine fundierte Beschreibung über 60 Seiten erstellen. Erleben kann man einen Verein aber nur in der Wirklichkeit und da passt das Wort „leben“ in „erleben“ sehr gut. Man spricht ja auch gerne von Vereinsleben, weil beispielsweise ein Sportverein eben etwas anderes ist als ein

seelenloses Fitnessstudio, bei dem man seinen Beitrag entrichtet, kommt und geht, wann man will. Ein Verein wird im Wesentlichen von Ehrenamtlichen getragen, von Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die durch unbezahlte Tätigkeiten ein Sportangebot für alle Altersklassen organisieren und in allen Jahreszeiten anbieten. Die Sportstätten oder Vereinsheime bauen und „in Schuss“ halten, die Kinder und Jugendliche trainieren, die Turniere ausrichten, die regelkonforme Teilnahme an Wettbewerben sicherstellen, …. Wir wissen alle, dass es in einem Verein viele gibt - und das war irgendwie schon immer so und wurde nicht erst in den letzten Jahren schlechter - die sich in einem Verein in einer gewissen Konsumentenhaltung unterwegs sind und keinen Strich für andere tun, eher auf die im Vergleich zu einem Fitnessstudio lächerlich niedrigen Beiträge verweisen, die sie zahlen. Es gibt aber im umgekehrten Fall viele Leute, deren Engagement hoch ist und es gibt Ausnahmen, Menschen, die über Jahrzehnte mit unerschöpflicher Kraft und sehr viel Zeit einen Verein prägen.

Der ruhmreiche TSV 1899 Goddelau e.V. hatte das außerordentliche Glück, eine dieser Ausnahmen in seinem Verein zu haben. Günter Martin. Seine Bedeutung und seine Leistungen für die Fußballabteilung, den TSV, aber auch Goddelau in Worte zu fassen, ist eigentlich nicht möglich. Er lebte den TSV und der TSV lebte wegen ihm und Goddelau wäre ohne ihn anders. Günter ist nicht mehr da und seine starke körperliche, stimmliche, organisatorische und emotionale Präsenz wird fehlen, weit über den Goddelauer Sportplatz am Ortsrand hinaus. Er war über Jahrzehnte die Schaltzentrale der Jugendabteilung. Kein Tag verging, an dem er, unterstützt von seiner lieben Waltraud Pässe anforderte, Vereinswechsel bearbeitete, Trainer motivierte, Sportmaterial besorgte, Spieler und Schiedsrichter bei der Stange hielt …. Er war als ehemaliger Torwart aber nicht nur die

Hände der Fußballer, er war auch das Herz. Und er war immer da. Er kannte jeden Spieler und erinnerte sich an alle, selbst dann, wenn betroffener Kicker in der Saison 1983/84 nur drei Spiele für die C-Jugend des Vereins machte und danach untertauchte. Es gibt unendlich viele ehemalige Jugend- und Seniorenfußballer, mit denen man heute über Günter spricht und die immer noch mit Hochachtung von ihm reden. Und von denen jeder seine eigene Anekdote über ihn erzählen kann, erzählt werden die, wenn sie erzählt werden, dann immer mit einem lachenden Auge.

Günter Martin war eine Instanz, alle Ehrungen, die der Hessische Fußballverband vergeben kann, hat er bekommen, Ehrenmitglied in „seinem“ TSV ist er schon vor Jahren geworden. Er hat die Verschwisterung Riedstadts mit Brienne-le-Chateau durch die Organisation von Austauschen über Turniere maßgeblich beeinflusst und langjährige, grenzüberschreitende Freundschaften begründet. Er hat nie darauf geschaut, woher jemand kam, was jemand hatte und wie jemand Fußball spielte, es ging immer um die Integration und die Gemeinschaft. Er ist nun nicht mehr da, der Günter, der irgendwie nie „Herr Martin“ war. Und er wird fehlen, wie kaum jemand vor ihm fehlte.

 

Am 24. August 2025 verstarb Günter Martin im Alter von 77 Jahren.